Christbaumversteigerung – was ist denn das?

Naturfreunde Grötzingen, Januar 2019

Am 6.1.2019 fand wieder die Christbaumversteigerung bei den Naturfreunden statt. Doch mal ehrlich: wer braucht nach Weihnachten denn noch einen Christbaum? Und warum heißt das so, was steckt dahinter – außer, dass es eine Riesengaudi im meist übervollen Haus am Knittelberg ist? Dieser Frage bin ich mal nachgegangen.

Überrascht war ich, dass es sich bei der Christbaumversteigerung um eine ganz alte Tradition handelt, die im süddeutschen und österreichischen Raum seit Ende des 18ten Jahrhunderts gepflegt wird. Die genaue Herkunft lässt sich nicht ermitteln, es hatte aber immer einen sozialen Zweck: es wurde zugunsten der ärmeren Bevölkerung eine Versteigerung durchgeführt.
 
 
Auch heute noch gibt es viele Vereine, insbesondere Trachtenvereine und Feuerwehren, die eine Christbaumversteigerung durchführen.
Es gibt sogar genauere Beschreibungen zum Ablauf, wie er sich dann im 20sten Jahrhundert entwickelt hat: so gab es z.B. einen festgelegten Ablauf mit zwei Etappen: Zu Beginn wurden Naturalien an ganze Tischrunden versteigert, meist Erzeugnisse aus Bäckereien, Metzgereien, Käsereien und Fischereien. Die Klassiker sind die kalte, gebackene Schweinshaxe, der Laib Brot oder die geräucherte Forelle. Danach wurde in einer zweiten Etappe Gutscheine und anderes unter den meistbietenden Einzelpersonen versteigert. Zum krönenden Schluss kam dann ein fertig geschmückter Tannenbaum unter den Hammer, der sogenannte Gipfel.

Wer mehr dazu wissen möchte: Ein Auszug aus Wikipedia: (sehr interessant auch dort weitere Details…)

Eine weitere Besonderheit ist der Status des Gipfels: Er kann gesperrt oder frei sein. Es kann auch geschehen, dass ein Gipfel nicht freigegeben wird, weil er noch als Schmuck für das Vereinsheim o. Ä. benötigt wird.
    • Gesperrter Gipfel: Einzelpersonen geben den Kassierern eine Spende und werden daraufhin vom Versteigerer mit Namen und Betrag genannt. Der Versteigerer bedankt sich öffentlich bei den jeweiligen Personen im Namen des Veranstalters.
    • Freier Gipfel: Ist der Gipfel freigegeben, kann er von Einzelpersonen zum Höchstpreis erworben werden. Heutzutage geschieht es aber nur noch selten, dass ein Gipfel freigegeben wird.
Hoamtreiber: Die sogenannten Nachhausetreiber sind Astgabeln, die mit Würsten und Brezen behängt werden. Diese können von Einzelpersonen ersteigert werden und dienen nicht als Mahlzeit für den Tisch, sondern werden als Bereicherung der eigenen Brotzeit mit nach Hause genommen.
Das Ende ist erreicht, wenn alle Gegenstände und der Gipfel des Christbaums veräußert wurden und der Versteigerer das Endergebnis öffentlich bekannt gibt.

Nun aber wieder zurück zu unseren Naturfreunden und zur Geschichte bei uns, die mir Heinz Rützler erklärt hat. Den Brauch hat Anfang der 60er Jahre Berthold Säuberlich von der Feuerwehr zu den Naturfreunden mitgebracht. Er führte auch die erste Auktion durch, danach war dann Fritz Deininger ein- oder zweimal dran, dann übernahm Julius Arheit die Aufgabe und führte sie über 20 Jahre lang durch. Schon immer gingen die Erlöse an die Kindergruppe.

Früher wurden Spenden mitgebracht, jeder brachte etwas Selbstgemachtes oder Leckeres wie Schokolade, Pralinen, eine gute Flasche Wein oder auch den selbstgebrannten Schnaps mit. Ursprünglich wurden bei den Feuerwehren auch im Ort vorher Spenden eingesammelt, die dann versteigert wurden. Bei uns aber gab es eine Verbindung des Hauswartes zu einer Metzgerei im Schwäbischen: in Stetten am Heuchelberg gab es einen Kriegskameraden des Hauswartes, zu dem dann eine über zwei Stunden lange teilweise unbefestigte Strecke in Kauf genommen wurde, um sich das Auto voll zu laden mit verschiedenen Würsten und großen Schwartemägen. Später ging es dann dafür ins benachbarte Berghausen zum Dorfmetzger Harry Wenz, bis man zum eigenen Dorfmetzger Schwarz kam, bis dieser dann das Geschäft aufgab. Der jeweilige Hauswart hat immer den Metzger seines Vertrauens mit dieser heiklen Aufgabe betraut. 😊

Die ersten Tanne, die im Knittelberghaus versteigert wurde, war die, die geschmückt und beleuchtet auf der Terrasse des Hauses gestanden hatte. An diese Tradition können sich einige Mitglieder erinnern, die das als Kind schon so erlebt haben. 2018 wurde übrigens erstmals ein von der Jugendgruppe aus Birkenstämmen gebauter Dauer-Weihnachtsbaum zusätzlich versteigert.

Übrigens: für die Nicht-Profis und die, die noch nie dabei waren: rüstet euch mit einem Brettchen und einem Messer aus, denn das Ersteigerte wird direkt gemeinsam verspeist. Die Reste – falls denn welche bleiben - nimmt man danach natürlich mit nach Hause.

So haben wir also die Informationen zur Tradition zusammengetragen und dabei eine Menge erfahren – und natürlich geschmunzelt. Zurecht lebt die Freude an der Gemeinschaft, dem gemeinsamen Tafeln von leckerem Essen in Begleitung vom ein oder anderen Getränk mit viel Gaudi bei der Versteigerung durch unsere beiden auch inzwischen langjährigen Auktionare Thomas Kuppinger und Reiner Ewald weiter. Und wir freuen uns natürlich, dass der Erlös unserem Förderverein und unserer aktiven Kindergruppe zugutekommt. Die Investitionen in diesen sogenannten ideelen Bereich legt sicher gute Grundlagen für ein weiteres gutes Gedeihen der Naturfreunde in Grötzingen.

Als Vorschlag zur Weiterentwicklung möchten wir in Zeiten von Klimaschutz, CO²-Fussabdruck, Massentierhaltung und der „Geiz ist geil“-Mentalität im Sinne der ökologischen Ausrichtung der Naturfreunde in diesem Jahr erstmals auch zusätzlich zu Wurstwaren auch leckere Alternativen für Nicht-Fleisch-Esser anbieten. Wir sind gespannt, ob wir damit die Tradition in die modernen Zeiten überführen können und freuen uns über eure Unterstützung. Lasst euch von den „Nachhaltigkeitspaketen“ mit Käse- und veganen Alternativen überraschen und lasst sie euch hoffentlich genauso gut schmecken. Wenn das gut bei euch ankommt, nehmen wir diese Idee gern auch für eine schöne Weiterentwicklung der Tradition mit auf.

Herzliche Grüße
 
Veronika Pepper
Förderverein der NaturFreunde Grötzingen e.V.